Catherine Ringer - Ring n`Roll - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 03.10.2011


Catherine Ringer - Ring n`Roll
Sharon Adler

Punk, Chanson, Oper und - Gustav Mahler. Das Soloalbum des genialen Enfant Terrible Catherine Ringer, Sängerin der Band Les Rita Mitsouko – ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk der Ausnahmekünstlerin




Catherine Ringer ist den meisten in Deutschland als der weibliche Part der exzentrischen französischen Band Les Rita Mitsouko bekannt. Das avantgardistische Pop-Punk-Duo formierte sich im Jahr 1980 und trat erstmals im Gibus Club in Paris auf – einem Ort, dem sie stets treu blieben, auch dann, als sie schon längst große Hallen füllten. Bis zu seinem plötzlichen Krebstod in 2007 arbeiteten Ringer und der Musiker Frédéric Chichin eng zusammen, bekamen drei gemeinsame Kinder und verfeinerten ihren ganz eigenen - und das bedeutet im Klartext: schrägen - Stil.

© Aurélia Vartanian


Das kreative Paar griff jegliche Musikstile wie Pop, Rock, Funk, Elektro auf und entwickelte sie mittels Bild, Ton und Text zu einer völlig neuen Kunstrichtung. Die Zusammenarbeit mit Musikern unterschiedlichster Couleur erwies sich dabei für alle Beteiligten als äußerst fruchtbar, so steuerten Les Rita Mitsouko im Zuge ihrer beeindruckenden Karriere neben David Bowie auch einen Song für den Film Die Liebenden von Pont-Neuf oder Liberté von Tony Gatlif bei, um nur einige zu nennen.

Ringer, die vor ihrer musikalischen Karriere als Tänzerin, Theater- und Filmschauspielerin gearbeitet hatte, verließ mit 15 Jahren die Schule, um ihren ambitionierten künstlerischen Neigungen nachzugehen.
Dabei vergaß sie jedoch niemals ihre Herkunft, mehr noch, in ihrem Song und dem gleichnamigen Videoclip Le petit train konfrontierte sie die Öffentlichkeit in vordergründig leichter Weise provokant-künstlerisch mit der Verfolgung der Juden. Ihr Vater, der in Polen geborene Zeichner Samuel Ringer, überlebte die sieben Konzentrationslager nach Meinung der prominenten Tochter nur, weil er die Bedeutung der Schönheit auch dann noch auf Papier festhielt, während um ihn herum gemordet wurde. Besonders aber thematisierte Catherine sein Schicksal in ihrem Song C´était un homme, und nahm dabei direkt Bezug auf Primo Levi und seinen Bericht Ist das ein Mensch?

Heute, vier Jahre nach dem Tod von Frédéric Chichin, verarbeitet die extravagante und überaus aparte Catherine Ringer den Verlust des Lebensgefährten auf ihrem Soloalbum, Ring n`Roll.
Hier vereint die Ausnahmekünstlerin virtuos all ihr Können, ihre Weisheit und Messages in gewohnt tiefgründigen Lyrics und kontrovers anmutenden Arrangements, die dazu auffordern, zu- und nicht wegzuhören, auch wenn einiges durchaus anstrengend ist. Von Punk über Chanson, Oper bis zu Gustav Mahler – das Catherine Ringer schlägt herzzerreißend, ironisch und spielfreudig den Bogen wie es ihr gefällt und übt mit ihrer hypnotisierenden Stimme einen unwiderstehlichen Sog aus. Von erdig-tief, kieksend-schrill, bis wild, laut oder zärtlich reicht das stimmliche Repertoire der Musikerin, die Bass, Gitarre, Flöte und Klavier spielt.

© Aurélia Vartanian


AVIVA-Tipp: Leiser ist die mehrfach ausgezeichnete Grande Dame der französischen Musikszene wahrlich nicht geworden. In Frankreich kennt jede und jeder der verwöhnten Musikgemeinde ihre Texte, in Deutschland gilt es noch, sie zu entdecken.

Merci, Catherine!

Catherine Ringer
Ring n`Roll
Warner Music Group Germany, VÖ: Oktober 2011
EAN: 0825646721023
Tracklist:
1.01: Vive l´amour
1.02: Punk 103
1.03: Z bar
1.04: Yalaya
1.05: Prends-moi
1.06: Got it sweet
1.07: How do you tu
1.08: Quel est ton nom
1.09: Pardon
1.10: Si un jour
1.11: Mahler
1.12: Rendez-vous


Weitere Infos unter:

www.catherineringer.com
www.myspace.com/ritaspirit

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin: Les Rita Mitsouko - Variety


Dieser Beitrag von Sharon Adler ist zuerst erschienen in der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung, Musikbeilage Sommer 2011
Alle Fotos by © Aurélia Vartanian, Paris


Kunst + Kultur

Beitrag vom 03.10.2011

Sharon Adler